Startseite

Editorial

Vor vielen, vielen Jahren, als das Wünschen noch geholfen haben soll, hieß es in einem geradezu märchenhaft gewordenen Text: »Ein Gespenst geht um in Europa...«.

Wo aber ist es geblieben? Können Gespenster verschwinden, oder geistern sie ewig umher, weil man sie so schlecht erwischt?

Keiner kennt sich mehr richtig aus mit Gespenstern.

Früher schien man mehr über Gespenster gewusst zu haben. Wie Helene Alving, die Witwe des an Syphilis zum Gespenst gewordenen Kammerherrn aus Henrik Ibsens Gespenster (1881). Die ahnte das ganze Drama: »Ich glaube fast, wir sind allesamt Gespenster. Es ist ja nicht nur, was wir von Vater und Mutter geerbt haben, das in uns herumgeistert; auch alte, abgestorbene Meinungen aller Art, alte, abgestorbene Überzeugungen und Ähnliches. Sie sind nicht lebendig in uns; aber sie sitzen doch in uns fest, und wir können sie nicht loswerden.«

Früher wusste man außerdem, dass die regionale Herkunft der Gespenster entscheidend war. Willibald Alexis (1798-1871) wusste in seiner Erzählung Pommersche Gespenster (1836) zu berichten, dass »die Menschen die Produkte ihres Landes und die Geister nur die Extrakte der Menschen« seien; demzufolge müssen »die Gespenster in den Hochlanden notwendigerweise etwas anderes sein als die in Pommern, und ein Geist in den Ländern, wo man Wein trinke, (ist) ein ganz verschiedenes Wesen von denen, wo man Branntwein brennt und von Kartoffeln lebt«.

Klar wie Kloßbrühe! Das ist die Antwort auf die Frage nach dem Verbleib der Gespenster: Die Schreibkünstler unseres geheimnisvollen Landes sollten wissen, was Sache ist. deshalb haben wir sie gefragt: Was ist heute los mit den Gespenstern?

Das künstlerische Ergebnis dieser Umfrage können Sie, liebe Leserinnen und Leser, auf den folgenden Seiten lesen. Ein weites Spektrum tut sich auf: Von der Idee Nietzsches sich selbst zu verhindern, wie sie Uwe Saeger eingefallen ist, bis zu ... Aber lesen Sie selbst!

Die Redaktion der RISSE wünscht Ihnen dabei unheimlich viel Vergnügen. ||


Wolfgang Gabler

 

 

[zurück zu Sonderheft 5]


Risse e.V., Arno-Holz-Straße 1, 18057 Rostock
IBAN: DE73 1305 0000 0200 0598 90 / BIC: NOLADE21ROS
Kontakt|Impressum|Datenschutz|Bestellen