Editorial

"Ich habe das unvorstellbare Glück gehabt, ein neues Instrument in die Hand zu bekommen, mit dem man ein Zipfelchender Universum etwas, nicht viel, näher besehen kann.", schwärmt Galilei in Brechts epischem Stück, wenn er von seinem Fernrohr spricht. Um zu beweisen, dass die Erde sich um die Sonne dreht, gibt Galilei alles und scheitert - zumindest vorerst.
Alle Register gezogen haben auch unsere AutorInnen für das diesjährige Herbstheft. Statt zu scheitern, zeigen sie uns mit ihren fein gearbeiteten Kompositionen, dass sie ihr Instrument beherrschen: Mal kühl, mal steril, mal klangvoll und abgerundet schreiben sie von Schmerz und Sehnsucht. So lässt beispielsweise Tobias Reußwig stählerne Wunden im Takt vorpommerschen Lichtes erklingen. Andere Saiten zieht dagegen Kurt Scharf auf, dessen Protagonist sich nicht von Spreizbirnen und Wippgalgen, aber von Weizenbrot peinigen lässt. Den Rhythmus der Zeit nimmt Uwe Schloen auf, wenn er eine mecklenburgische Flüchtlingsunterkunft einem zweckdienlichen Verlies gleich setzt. Alles andere als bloß zweckhaft sind hingegen die Illustrationen von Risse-Grafik-Debütant Martin Ebert. Ausgefeilt dirigiert er durch das Thema und schafft der Lektüre den richtigen Schliff.
Reich instrumentiert werden soll auch das 8. Sonderheft der RISSE, das Ende des Jahres erscheinen wird. Zum ersten Mail ist ein RISSE-Sonderheft einem lebenden Autor gewidmet: dem Greifswalder Künstler Jürgen Landt. Anlass ist sein 60. Geburtstag im nächsten Jahr, Grund ist sein komplexes, nicht nur literarisches Werk. Neben einer umfassenden Würdigung kommen einige von Landts Kunstweggefährten zu Wort, und es werden sowohl unveröffentlichte als auch beim publikum bereits erfolgreiche Stücke seines Schaffens vorgestellt.

Eine Überraschung mag das Thema des kommenden Frühjahrsheftes sein: Unter dem Titel "Geifang" wollen wir beiläufig Beute machen. Einsendeswchluss ist der 1. Februar 2017.

Doreen Langfeld